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So erwecke ich Videospielcharaktere zum Leben

  • stimmgeist
  • 11. Aug.
  • 3 Min. Lesezeit

Erleben Sie, wie aus Skriptzeilen eindrucksvolle Persönlichkeiten werden.

Ein Blick hinter die Kulissen meiner Arbeit als Gaming-Voice-Actor.


Der erste Schritt: Eintauchen in die Welt

Bevor ich auch nur ein Wort ins Mikrofon spreche, tauche ich tief in die Welt des Spiels ein und lese alle verfügbaren Informationen zur Story und Figur.


Warum? Weil ich Folgendes wissen möchte:

  • In welcher Welt ist die Figur unterwegs (Fantasy-Reich, Sci-Fi-Zukunft, historisches Setting)?

  • Wer ist diese Figur und was hat sie erlebt?

  • Welche Ziele und Emotionen treiben sie an?

  • Gibt es besondere Sprechweisen, Dialekte oder Schlagworte für diesen Charakter?

Ich mache mir Notizen direkt ins Skript – zur Aussprache schwieriger Namen, zu Pausen oder Betonungen und zu Gefühlswechseln in den Dialogen.


Die Stimmfindung: Stimme formt Charakter

Manche Stimmen hat man sofort im Ohr, andere muss ich durch Ausprobieren finden. Ich experimentiere mit Stimmlage, Tempo, Ausdruck: Ist die Figur vornehm und spricht gewählt? Oder rau und straßentauglich? Verschmitzt? Bedrohlich?

Für jede Rolle entwickle ich eine eigene Stimmfarbe, die ich durch das gesamte Projekt hindurch konsistent halte – aber immer flexibel genug, um Emotionen und Wandlungen der Figur glaubwürdig darzustellen. Manchmal spreche ich in einem Spiel sogar mehrere Charaktere. Dann achte ich darauf, jede Stimme klar voneinander abzugrenzen, damit keine Verwechslung entsteht und jede Persönlichkeit einzigartig bleibt.



Vorbereitung auf die Aufnahme

Sobald die Stimme und die Persönlichkeit der Figur stehen, bereite ich die Aufnahmesession vor:

  • Skript bereitlegen: Alle Dialogzeilen liegen griffbereit, oft digital auf dem Tablet (mit großer Schrift) oder klassisch auf Papier zum Anstreichen.

  • Markierungen setzen: Besondere Betonungen, Emotionen oder aussprachetechnisch knifflige Stellen markiere ich vorab – so vergesse ich im Eifer des Gefechts nichts. Bei Fantasy-Spielen zum Beispiel kennzeichne ich schwierige Eigennamen phonetisch.

  • Warm-up: Vor der Aufnahme wärme ich meine Stimme gründlich auf. Kurze Lockerungsübungen, Zungenbrecher und Atemübungen gehören dazu – gerade weil in Games oft auch laute Kampfschreie oder emotionale Ausbrüche gefragt sind. Eine aufgewärmte Stimme ermüdet weniger schnell.

Dann geht’s ans Einsprechen. Meist nehme ich szeneweise oder nach Charakteren sortiert auf. Zwischen den Takes lege ich kurze Pausen ein, um einen Schluck Wasser zu trinken und sicherzustellen, dass die Stimme frisch und kraftvoll bleibt. Bei besonders actionreichen Sequenzen plane ich zusätzliche Erholungszeiten ein – die Stimme ist mein Kapital, und ich behandle sie mit Respekt.



Kontrolle & Feinarbeit

Ist alles im Kasten? Noch nicht ganz. Jetzt wird geprüft und geschliffen: Ich höre jede Aufnahme sorgfältig durch und achte auf:

  • Klang und Intonation: Treffen Tonfall und Dynamik den Charakter genau so, wie ich ihn haben wollte? Passt die Lautstärke zu den vorherigen Sätzen?

  • Technische Sauberkeit: Sind unerwünschte Geräusche drauf, habe ich mich versprochen oder zu laut geatmet? Bei lauten Ausrufen überprüfe ich, ob nichts übersteuert.

  • Authentische Emotion: Klingt das Gefühl echt? Kommt die Wut des Bossgegners, die Verzweiflung des Helden oder der Humor einer Nebenfigur wirklich rüber?

Manchmal entscheide ich mich, einzelne Lines nochmals aufzunehmen – selbst wenn sie technisch einwandfrei waren. Warum? Weil vielleicht die Aggression in der Kampfszene nicht echt genug klang oder der Witz in der Dialogzeile nicht zündete. In solchen Fällen gilt für mich: Glaubwürdigkeit geht vor Perfektion. Jede Stimme soll leben und echt wirken, damit die Spielwelt für den Zuhörer glaubhaft bleibt.



Fazit: Wenn Stimmen Welten bauen

Ein guter Spielcharakter ist nicht nur auf dem Bildschirm zu sehen – durch die Stimme wird er lebendig. Genau das ist mein Ziel: Einer digitalen Figur eine Stimme zu verleihen, die Spieler mitreißt und die Game-Welt mit Leben füllt. Wenn meine Stimme dazu beiträgt, dass jemand beim Spielen Gänsehaut bekommt oder lacht, dann habe ich alles richtig gemacht.



Kleiner Fakt über mich

Vor jeder Aufnahme schaue ich nochmal tief in den Spiegel und spreche komplizierte Sätze des Skripts mehrere Male, um meinen Ausdruck dabei selbst wahrzunehmen. So kann ich sicherstellen, dass meine Mimik und Körpersprache die Emotionen unterstützen, die später auch in der Stimme hörbar sein sollen.

 
 
 

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